Bahn frei!
Die Erschließung der Alpen
27. August 1820. Der bayrische Offizier und Vermessungsingenieur Joseph Naus erreicht mit seinen Kameraden den 2.962 Meter hohen Gipfel der Zugspitze: Die erste nachgewiesene Besteigung. Nötig dafür war ein schweißtreibender Aufstieg, für den die Seilschaft mehr als acht Stunden benötigte. 110 Jahre lang sollte sich daran nichts ändern.
Dann kam das Jahr 1930. Nach zweijähriger Bauzeit konnte die Bayerische Zugspitzbahn eingeweiht werden. Eine meterspurige Zahnradbahn, die von Garmisch auf das 2.588 Meter hoch gelegene Zugspitzplatt führte. Zeitgleich wurde dort das Hotel Schneefernerhaus geöffnet. Und schon nur ein Jahr später konnten Gäste vom Zugspitzplatt mit der Gipfelseilbahn mühelos auf den höchsten Punkt des Bergmassivs schweben. Ein Meilenstein folgte dem nächsten. Und auch heute noch werden an der Zugspitze Rekorde gebrochen. Denn nichts beschleunigte die Erschließung der Alpen so sehr, wie die Entwicklung immer modernerer und komfortabler Bergbahnen.
Vom Arlberg in die ganze Welt
Nach dem ersten Weltkrieg blühte der Fremdenverkehr in den Alpen auf – auch im Winter. 1937 in Zürs, nur einen Steinwurf von der Zugspitze entfernt: In diesem Jahr konnten sich Wintersportler erstmals ganz ohne Anstrengung den Berg hinaufziehen lassen. Emil Dopplmayr, Sohn des Firmengründers Konrad Dopplmayr, errichtete gemeinsam mit Skiliftpionier Ing. Sepp Bildstein den ersten Schlepplift Österreichs. 390 Meter lang, überwand er einen Höhenunterschied von 150 Metern. Leistung: 420 Personen in der Stunde!
Ein Blick zurück: Konrad Doppelmayr, gelernter Mechaniker, erwarb 1892 die Schmiede seines Lehrmeisters im österreichischen Wolfurt. Hier entwickelte er Spindel- und Hydraulikpressen für die Wein- und Mostproduktion. Auch Wasserräder und Turbinen für die Stromerzeugung füllten die Auftragsbücher. 1913 wurden erste Warenaufzüge ausgeliefert. Kunden fand Doppelmayr nicht nur in Österreich, sondern auch in der benachbarten Schweiz und in Bayern. Der Grundstein einer bis heute andauernden Erfolgsgeschichte.
Es ist kein Zufall, dass der erste Skilift Österreichs am Arlberg errichtet wurde. Schon 1885 banden sich drei wagemutige Männer hier Bretter unter die Schuhe und rutschten mit ihnen die verschneiten Hänge hinunter. Nicht umsonst wird der Arlberg auch als Wiege des alpinen Skilaufs bezeichnet. Doppelmayrs Produktion von Skiliften wird allerdings vom zweiten Weltkrieg unterbrochen.
Höher, weiter, schneller
Auch an der Zugspitze bedeutete der Krieg eine Zäsur für den Tourismus. Zwar war die Bergwelt rund um Deutschlands höchsten Gipfel mit den Gebieten Garmisch-Classic und dem Wank schon gut erschlossen. Doch erst 1949 konnte mit der Inbetriebnahme des Skilifts Sonnenkar der weitere Ausbau des Skigebiets Zugspitze angegangen werden. Nur eine Saison später kommt eine Kleinseilbahn zum Schneefernerhaus, sowie mehrere Ski-Kurzlifte am Schneefernergletscher dazu. Nach und nach wichen die Schlepplifte bequemen Sesselliften. Und auch an der Zahnradbahn ging die Entwicklung weiter: Dank vier modernisierter Leichttriebwagen verringerte sich die Fahrtzeit von Grainau aufs Zugspitzplatt von 75 auf nur noch 60 Minuten.
Erst in den 1960er Jahren wurde die Zugspitze schließlich mit der Eibsee-Seilbahn vom Tal bis zum Gipfel erschlossen. Auch der Zuschlag für die Ausrichtung der Alpinen Ski-Weltmeisterschaft 1978 förderte diese Entwicklung weiter. Die Firma Doppelmayr war da schon längst weltweit tätig. Mit Techniken, die zwar immer weiterentwickelt wurden, im Kern aber noch immer die Ideen der Pioniere weitertragen.
Wie Bergbahnen funktionieren
Zahnradbahnen: Während die Bayerische Zugspitzbahn zwischen Garmisch-Partenkirchen und Grainau noch eine Adhäsionsbahn ist, liegt ab Grainau zwischen den Gleißen mittig eine Zahnstange, in welche vom Triebfahrzeug angetriebene Zahnräder greifen. So wird die Vortriebs- und Bremskraft effektiv übertragen. Daher können Zahnradbahnen auch wesentlich steilere Abschnitte befahren als Adhäsionsbahnen, deren Räder auf den Gleisen durchdrehen würden. Die Bayerische Zugspitzbahn ist eine von nur noch vier in Betrieb befindlichen Zahnradbahnen Deutschlands. Sie überwindet adhäsiv eine Neigung von rund 35‰ und per Zahnstange stolze 250‰.
Schlepplifte: Bei Anker-, oder Tellerliften bewegt sich ein umlaufendes Seil kontinuierlich über Rollen von der Talstation zur Bergstation und zurück. Daran sind in gleichmäßigen Abständen Schleppbügel befestigt, welche die Skifahrer mitziehen. Angetrieben wird meistens nur die Umlenkrolle im Tal, mit einer Geschwindigkeit von etwa drei Metern pro Sekunde. Die Vorteile liegen auf der Hand: Schlepplifte sind einfach und günstig zu erbauen und bestens für kurze Hänge geeignet. Nachteilig gegenüber Luftseilbahnen erweisen sie sich allerdings, wenn Pisten gekreuzt werden, oder die Lifttrasse nicht durchgängig mit Schnee bedeckt ist. Abschüssige Trassenabschnitte können ebenso nicht überwunden werden, da die Skifahrer in diesem Fall den Lift „überholen“ würden.
Einseilumlaufbahn: Sicherer, schneller und komfortabler geht es für Bergfreunde mit Sesselliften bergauf. Auch im Sommer – ganz ohne Schnee! Im Gegensatz zu festen Sesseln oder Kabinen, bieten kuppelbare Bauweisen noch mehr Komfort beim Ein- und Aussteigen. Bei Einseilumlaufbahnen dient ein einziges Seil sowohl als Trag- als auch als Zugseil. Auch Gondelbahnen funktionieren nach diesem Prinzip. Die Kabinen (umgangssprachlich auch Gondeln genannt) bewegen sich wie die Sessel auf einer Seite bergauf und werden meist über die gleichen Stützen parallel wieder zurück ins Tal geführt.
Zweiseilsystem / Pendelbahnen: Anders arbeiten Pendelbahnen. Hierbei hängt an einem oder mehreren Zugseilen eine Kabine, auch Wagen genannt. Der Begriff Gondel wäre hier übrigens technisch gesehen unzutreffend. Die Kabine ist über das Gehänge mit dem Tragseil verbunden, auf welchem es sich mittels Rollen bewegt. Einzige Aufgabe des Tragseils ist das Tragen des Kabinengewichts. In Bewegung versetzt wird die Kabine durch ein oder mehrere Zugseile. Die meisten Pendelbahnen sind zweispurig. Es findet also immer zeitgleich eine Berg- und eine Talfahrt statt. Das Gewicht der Fahrzeuge, genauer gesagt die Hangabtriebskraft, gleicht sich dabei weitgehend aus. Die Kabinen verbleiben nach Erreichen der Zielstation auf ihrer Seilseite, pendeln also immer bergauf und bergab. Es findet keine Stationsdurchfahrt statt (kein Umlauf).
Zugspitze & Doppelmayr – Tradition & Moderne
Deutschlands höchster Gipfel war und ist ein wunderbares Beispiel für technischen Fortschritt und echten Innovationsgeist. Immer wieder wurden Probleme von erfinderischen Ingenieuren gelöst. Bis heute. Sommers wie Winters kann der höchste Berg Deutschlands mit einer imposanten Rundreise erlebt werden: Start und Zielpunkt ist Garmisch-Partenkirchen. Mit der bald 100 Jahre alten Zahnradbahn geht es vom Zugspitzbahnhof über Grainau zum Eibsee und von hier in einen 4,5 Kilometer langen Tunnel. Die Bahnfahrt endet auf knapp 2.600 Metern, auf dem sonnigen Zugspitzplatt. Gäste können hier noch einen der letzten Gletscher des Landes besuchen. Aufgrund der globalen Erwärmung sprechen allerdings selbst die Bergbahnbetreiber hierbei von einem
„Abschiedsbesuch“.
Weiter geht die Reise mit einer 1.000 Meter langen Pendelbahn, hinauf auf den 2.962 Meter hoch gelegenen Gipfelaufbau. Von hier erscheint das Gipfelkreuz zum Greifen nah. Doch um es zu erreichen, muss der gesicherte Bereich verlassen werden. Schwindelfreiheit und Trittsicherheit sind hier unbedingt nötig! Auch die innovative Glas-Architektur der Bergstation zieht Blicke auf sich. In ihr befindet sich eine Ausstellung zur Geschichte der Zahnradbahn.
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