Bergans

Tønsberg, in Südnorwegen. Ole F. Bergan ist eigentlich Zweiradtechniker – aber auch leidenschaftlicher Jäger. Auf einem seiner langen Jagdausflüge durch die skandinavische Natur beginnt der schwere Rucksack plötzlich zu drücken. Schmerzhaft scheuert das Gepäckstück am Rücken. Der umtriebige Bergan aber weiß Abhilfe zu schaffen: Kurzerhand spannt er einen Wachholderzweig passgenau in den Rucksack und stabilisiert so das ganze System. Das bringt nicht nur die erhoffte Erleichterung, sondern funktioniert so gut, dass sich Bergan nach seiner Rückkehr direkt mit der Entwicklung eines Prototyps beschäftigt. Er entwickelt einen Rahmen aus Stahlrohren verbunden mit Lederriemen. Es ist das Jahr 1908.

Ein norwegisches Industrieabenteuer

Nur ein Jahr später, am 18. Dezember 1909, wird die Erfindung unter der Patentnummer 20547 in 22 Ländern patentiert. Von Anfang an schwingt eine klare Marketing-Botschaft mit: Für die erfolgreiche Bewältigung des Outdoor-Lebens kommt es auf hochwertige Ausrüstung an. Eine Nachricht, die auch im von Bergans Bruder entworfenem Logo transportiert wird. Darauf zu sehen ist Ole F. Bergan selbst. Quitschfidel, aufrecht stehend, Pfeife rauchend – und natürlich mit Bergans Rucksack. Daneben sein Begleiter in gebückter Haltung, mit zerzaustem Haar, bleichem Gesicht, müde über die Wanderstöcke gebeugt. Darunter stehen nur zwei Worte. „Med & uten“. Mit und ohne.


Wieder vergeht nur ein Jahr. Der erste Bergans Lederrucksack kommt 1910 auf den Markt. Er wird auf der Internationalen Jagdausstellung in Wien sogar mit der Staatsmedaille gekürt. Der plötzliche Erfolg Bergans erregt auch das Aufsehen von Sverre Young. Der Großhändler aus Kristiania, wie Oslo bis 1924 genannt wird, kauft das Patent für 1.500 Norwegische Kronen und gründet die A/S Bergans Meis og Rypesæk mit Büro und Fabrik in Kristiania.



Im gleichen Jahr stechen zwei der bedeutendsten Abenteurer der Geschichte in See. Robert Falcon Scott, der aus dem walliserischen Cardiff startet. Und Roald Engelbregt Gravning Amundsen, der seine Expedition im norwegischen Oslo beginnt. Unterstützt und ausgestattet von Bergans, gewinnt Amundsen 1911 das erbitterte Rennen um den Südpol – ohne Verluste einstecken zu müssen. Scotts Expedition endet dagegen in einem Fiasko. Gemeinsam mit vier seiner besten Männer erreicht er zwar 34 Tage nach Amundsen den Südpol. Alle erliegen sie jedoch auf dem Rückweg Hunger und Kälte.

Fortschritt und Modernisierung

Die Geschehnisse von 1911 machen Amundsen und Bergans weltweit berühmt. So werden die Bergans Rucksäcke ab 1913 von den norwegischen Streitkräften genutzt und weiterhin bedeutend ausgezeichnet. 1920 verfügt Bergans über eine vielfältige Rucksackkollektion. Es kommen sogar drei spezielle Damenmodelle auf den Markt. Auch optisch soll allen Ansprüchen genüge getan werden. Die Rucksäcke werden aus strapazierfähigem Baumwollmaterial mit Lederverzierungen und Riemen hergestellt. Dank moderner elektrischer Nähmaschinen steigt Bergans weiter und weiter auf.


1922 stattet Bergans eine britische Everest-Expedition aus. Die eigens dafür entwickelten Tragesysteme ermöglichten das Transportieren von schweren Sauerstoffflaschen, im Notfall aber auch von kranken oder verwundeten Personen. Der Gipfel bleibt in diesem Jahr allerdings unbestiegen. 


1929 wird das charakteristische Logo eingeführt. Es basiert schlicht auf der Unterschrift von Ole F. Bergan. In den 30ern gelingt schließlich endgültig der Durchbruch. Bergans stürmt mit einer patentierten Skibindung für Langlaufski den Markt. Außerdem entwickelt Bergans nun Zelte, Fahrradtaschen, Gamaschen, eine spezielle Camperaxt, Windhandschuhe, den Rucksack „Svipptur“ für kurze Ausflüge, Gürteltaschen, Schultertaschen, eine Kollektion von Sonnenbrillen und verschiedene Varianten des Originalrucksacks. Das Messer „Sliring“ wird für Jahrzehnte ein beliebter Kassenschlager. 1935 erfindet Bergans den ersten Kinderrucksackträger. In der ersten Kinderkraxe überhaupt wird der bereits etablierte Rahmen weitergenutzt. 


(...)

Den kompletten Artikel lesen

und weitere spannende Themen entdecken?

ePaper lesen

Keine Ausgabe mehr verpassen!

AKTIV in den ALPEN abonnieren

Schon gelesen?

29. Mai 2025
Sommer, Sonne, Schneesturm
9. April 2025
Wenn die Sommersonne die imposanten Gipfel des Kaisergebirges in warmes Licht taucht, erwacht der Kaiserwinkl zu einem Paradies für Naturliebhaber, Abenteurer und Erholungssuchende. Die idyllische Region in Tirol vereint atemberaubende Landschaften mit einer Fülle an Freizeitmöglichkeiten – ideal für Familien, Aktivurlauber und Genießer.
17. März 2025
Gargellen, das höchstgelegene Dorf im Montafon, lockt mit gleich einem ganzen Dutzend schneesicherer Skitouren – und als Zugabe mit Abstechern zu den Bündner Nachbarn und zur Bielerhöhe in der Silvretta.